Manchmal reicht eine kleine Geste, um jemandem den Tag zu retten.
Als Lilli an einem regnerischen Morgen im Bus zur Schule fährt, merkt sie, dass eine ältere Dame keinen Sitzplatz findet.
Was dann passiert, zeigt, wie viel Herz in einem kleinen Kind stecken kann – und dass gutes Benehmen ansteckend ist.
Eine liebevolle Geschichte über Rücksicht, Mut und ein bisschen Apfelbonbon-Zauber.
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
...
Es war ein regnerischer Morgen, und Lilli stand mit ihrem großen bunten Regenschirm an der Haltestelle.
Sie war sieben Jahre alt und fuhr jeden Morgen mit dem Bus zur Schule.
Heute hatte sie besonders gute Laune, denn ihre beste Freundin Mira wollte neben ihr sitzen.
Als der gelbe Stadtbus mit einem Zischen hielt, stiegen Lilli und Mira ein und suchten sich schnell zwei Plätze direkt hinter dem Fahrer.
Sie kicherten und schauten aus dem Fenster, während der Regen an die Scheiben klopfte.
Der Bus wurde voller und voller, und an der nächsten Haltestelle stieg eine ältere Dame mit einem grauen Mantel und einem Einkaufstrolley ein.
Lilli bemerkte, wie die Dame sich mühsam festhielt und nach einem Platz suchte.
Alle Sitzplätze waren schon besetzt.
Manche Menschen schauten auf ihre Handys, andere blickten aus dem Fenster.
Lilli schaute zu Mira.
„Die alte Frau hat keinen Platz“, flüsterte sie.
Mira zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht setzt sich gleich jemand anderes hin“, murmelte sie.
Aber niemand stand auf.
Die Dame hielt sich nun mit zitternden Händen an der Stange fest, während der Bus ruckartig anfuhr.
Lilli überlegte kurz.
Dann stand sie entschlossen auf.
„Entschuldigung“, sagte sie laut und freundlich zur alten Dame, „Sie können sich gerne hier hinsetzen.“
Die Dame lächelte überrascht.
„Wie lieb von dir, mein Schatz“, sagte sie und ließ sich dankbar auf den Platz sinken.
Mira sah erstaunt zu Lilli.
„Warum hast du das gemacht? Jetzt musst du stehen.“
Lilli grinste.
„Aber ich hab noch junge Beine! Und sie hatte keine.“
Die ältere Dame drehte sich um und streichelte Lilli kurz über den Arm.
„Du bist ein gutes Kind. So etwas vergisst man nicht.“
Ein Mann mit einer Aktentasche neben ihnen nickte zustimmend.
Ein paar andere Fahrgäste lächelten.
Mira rückte ein Stück zur Seite.
„Willst du dich zu mir setzen? Wir können ein bisschen zusammenrücken.“
Lilli setzte sich halb auf den Rand des Sitzes und grinste breit.
Die Fahrt ging weiter, und die Sonne brach kurz durch die Wolken.
Die ältere Dame kramte in ihrer Manteltasche und zog ein kleines Bonbonpapier hervor.
„Magst du ein Bonbon? Es ist mit Apfelgeschmack.“
Lilli nahm es höflich an.
„Dankeschön!“
Sie packte das Bonbon aus und genoss den süßen Geschmack.
„Weißt du“, sagte die Dame, „ich war früher Lehrerin. Ich habe viele Kinder unterrichtet. Aber so höflich war längst nicht jedes.“
Lilli wurde ein bisschen rot.
„Meine Mama sagt immer, man soll Menschen helfen, wenn man kann.“
„Deine Mama hat recht“, sagte die Dame lächelnd.
Der Bus schaukelte durch die Straßen.
Lillis Schule war bald erreicht.
Sie winkte der Dame zum Abschied zu.
„Einen schönen Tag noch!“ rief sie.
„Dir auch, mein Engel“, rief die Dame zurück.
Als Lilli und Mira ausstiegen, regnete es nicht mehr.
Die Sonne schien warm auf die nasse Straße.
Mira schaute zu Lilli.
„Weißt du was? Morgen steh ich auf, wenn jemand älter ist und keinen Platz hat.“
Lilli nickte.
„Dann machen wir das zusammen. Wir haben doch starke Beine.“
Und sie lachten und hüpften über eine Pfütze.
An diesem Tag erzählte Lilli ihrer Lehrerin, was im Bus passiert war.
Die Lehrerin lächelte stolz.
„Das ist gelebte Rücksichtnahme“, sagte sie. „Ich glaube, du hast heute jemandem den Tag verschönert.“
Am nächsten Morgen hatte jemand ein großes, buntes Plakat an die Pinnwand im Klassenzimmer gehängt.
Darauf stand: „Ein Platz im Bus kann ein Platz im Herzen sein.“
Darunter ein gemaltes Bild: Ein Kind, das einer älteren Dame im Bus den Sitz anbietet.
Lilli wusste sofort, dass das sie war.
Und sie fühlte sich richtig groß.
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Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
…
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