Bunte Drachen tanzen im Herbstwind und malen Muster in den Himmel.
Doch woher kommt eigentlich die Tradition, Drachen steigen zu lassen, und wer hat dieses fröhliche Spiel erfunden?
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
...
Es war ein klarer Herbsttag im kleinen Dorf Sonnenwinkel.
Die Kinder rannten über die Wiesen und hielten stolz ihre bunten Drachen in den Händen.
„Meiner fliegt höher als deiner!“, rief Max lachend, während sein grüner Drachen im Wind flatterte.
Lina hielt dagegen.
„Aber meiner tanzt schöner!“
Ihr roter Drachen schwang sich elegant nach links und rechts, fast wie ein Vogel.
Plötzlich blieb Jonas stehen und dachte nach.
„Sagt mal“, begann er, „wer hat eigentlich den Drachen erfunden? Und warum lassen wir ihn steigen?“
Die Kinder schauten sich an.
Niemand wusste so recht eine Antwort.
Da kam Frau Blum, die Erzieherin aus der Kita, vorbei.
Sie hatte einen Korb mit Äpfeln dabei und hörte die Frage.
„Ah“, lächelte sie, „das ist eine wunderbare Geschichte. Setzt euch, ich erzähle euch etwas.“
Die Kinder setzten sich ins Gras, die Drachen flatterten im Wind, und Frau Blum begann.
„Vor vielen, vielen Jahren, weit weg in China, haben Menschen die ersten Drachen gebaut.“
Die Kinder rissen die Augen auf.
„Schon so lange?“ fragte Lina überrascht.
„Ja“, nickte Frau Blum, „man sagt, es ist mehr als zweitausend Jahre her. Die Drachen waren damals nicht zum Spielen da. Sie hatten eine besondere Aufgabe.“
„Welche?“, fragte Max neugierig.
„Die Menschen nutzten sie, um Nachrichten zu schicken, um das Wetter zu beobachten und manchmal sogar, um die Götter zu ehren“, erklärte Frau Blum.
Jonas runzelte die Stirn.
„Also war es gar kein Spielzeug?“
„Nicht am Anfang“, antwortete Frau Blum sanft. „Aber die Menschen entdeckten bald, dass es Freude macht, einen Drachen steigen zu lassen. Sie spürten den Wind, sahen die bunten Farben am Himmel und fühlten sich frei.“
Die Kinder lächelten.
„So wie wir heute“, meinte Lina leise.
„Genau“, sagte Frau Blum.
„Und wie kamen die Drachen dann zu uns?“, wollte Max wissen.
Frau Blum legte den Kopf schief.
„Die Drachen reisten mit Händlern entlang der Seidenstraße. Von China nach Indien, von Indien in den Orient und später bis nach Europa. Überall fanden die Menschen Gefallen daran.“
Jonas nickte begeistert.
„Also ist jeder Drachen ein kleiner Weltenbummler!“
„So könnte man es sagen“, lachte Frau Blum.
„Und weißt du was? In manchen Ländern gibt es richtige Drachenfeste, bei denen hunderte bunter Drachen den Himmel füllen.“
Die Kinder stellten sich das vor: Ein Himmel voller Farben, Formen und tanzender Drachen.
„Das sieht bestimmt wunderschön aus“, flüsterte Lina träumerisch.
„Ja“, sagte Frau Blum, „und jedes Mal, wenn wir heute einen Drachen steigen lassen, fliegt auch ein Stück Geschichte mit.“
Die Kinder schauten zu ihren Drachen hinauf.
Sie stellten sich vor, wie ihre bunten Formen durch die Zeit reisten – bis in ferne Länder und zurück.
„Also hat das Spielen mit Drachen auch etwas mit Teilen zu tun“, meinte Jonas nachdenklich.
„Ganz genau“, nickte Frau Blum, „wir teilen ein Stück Kultur mit allen Menschen, die jemals einen Drachen steigen ließen.“
Der Wind wehte stärker.
Die Drachen stiegen höher und höher.
Die Kinder spürten, wie eine unsichtbare Verbindung zwischen Himmel und Erde entstand.
„Seht mal“, rief Max, „mein Drachen zieht fast an den Wolken!“
„Und meiner macht eine Schleife!“, jubelte Lina.
Frau Blum lächelte still und dachte, dass es manchmal nur einen Drachen im Wind braucht, damit Kinder die ganze Welt verstehen.
Als die Sonne unterging, holten die Kinder ihre Drachen langsam wieder ein.
Sie rollten die Schnüre auf und hielten ihre bunten Flieger fest im Arm.
„Danke, Frau Blum“, sagte Lina leise, „jetzt weiß ich, dass mein Drachen mehr ist als nur ein Spielzeug.“
„Ja“, stimmte Jonas zu, „er trägt Geschichten aus aller Welt in sich.“
Die Kinder gingen nach Hause, müde, aber glücklich.
Und in ihren Träumen flogen die Drachen weiter – über Berge, Meere und durch die Zeit.
Ganz sanft.
Auf dieser Webseite findest du tolle Geschichten zum Vorlesen für kleine und große Kindern. Entweder einfach zwischendurch zum Entspannen oder abends als „Gute Nacht“-Geschichte, diese kindergerechten Geschichten passen immer.
Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
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P.S.: Du kannst Onkel Guidos Geschichten auch auf den folgenden Plattformen anhören.