Seit Wochen ist es heiß und trocken im Wald – sogar das fröhliche Eichhörnchen Lea hat kaum noch etwas zu trinken.
Während die Menschen einfach den Wasserhahn aufdrehen, haben die Tiere echte Sorgen.
Doch Lea hat eine wundervolle Idee: Vielleicht kann man ja Nüsse gegen Wasser tauschen?
Und tatsächlich – aus einer kleinen Geste entsteht eine ganz besondere Freundschaft.
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
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Manchmal braucht es nur eine gute Idee – und ein paar Nüsse, um die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
Es war trocken.
Es war heiß.
Und das schon seit Wochen.
Der Waldboden knisterte unter den Pfoten, die Bäche waren fast verschwunden, und die Sonne knallte jeden Tag vom Himmel.
Das Eichhörnchen Lea saß auf einem knorrigen Ast und schleckte den letzten Tautropfen von einem Blatt.
„Schon wieder nix“, murmelte sie enttäuscht.
Lea hatte immer Durst. Ganz schlimmen Durst.
Und wenn sie von ihrem Baum aus zu den Menschen hinunterschaute, konnte sie sehen, dass das für die gar kein Problem war.
Sie gingen einfach an einen silbernen Hebel – und zack! Wasser sprudelte.
„Ganz schön gemein“, fand Lea.
Sie sah der freundlichen Nachbarin im gelben Kleid dabei zu, wie sie sich ein Glas volllaufen ließ.
„Einfach so“, murmelte Lea.
Am Abend besuchte sie ihren Opa.
Er war schon sehr alt, hatte nur noch einen Zahn und wohnte in einer hohlen Kastanie.
Auch er war durstig.
„Ich hab versucht, Moos auszuwringen“, krächzte er, „aber da war kaum noch was drin.“
Lea erzählte ihm von den Menschen und dem Wasserhahn.
„Die wissen gar nicht, wie das ist, wenn einem die Zunge am Gaumen klebt“, sagte sie.
Opa nickte.
„Die Menschen kennen unsere Sorgen nicht. Und wir kennen ihre Sprache nicht.“
Lea dachte lange darüber nach.
Sie schlief an diesem Abend unruhig ein – mit trockener Kehle und vielen Gedanken im Kopf.
Doch als sie am nächsten Morgen aufwachte, hatte sie eine Idee.
Eine richtig gute.
„Menschen mögen doch Nüsse“, murmelte sie.
„Und davon haben wir mehr, als wir futtern können!“
Sie kramte in ihrem Vorrat und holte die schönsten, glänzendsten Nüsse heraus.
Vorsichtig hüpfte sie über die Äste bis zum Haus mit der gelben Markise.
Dort wohnte die freundliche Nachbarin mit den blonden Haaren.
Lea legte eine Nuss auf die Fensterbank.
Dann versteckte sie sich hinter einem Blumentopf.
Die Frau kam, öffnete das Fenster – und staunte.
„Oh! Eine Nuss?“, sagte sie laut.
Sie sah sich um, aber niemand war zu sehen.
„Hat mir das jemand hingelegt?“
Sie nahm die Nuss vorsichtig in die Hand und lächelte.
„Na sowas.“
Lea hüpfte still davon – zufrieden.
Am nächsten Tag legte sie wieder eine Nuss hin.
Und am übernächsten.
Und noch eine.
Die Frau wunderte sich sehr.
„Wer schenkt mir bloß all diese Nüsse?“, fragte sie.
Dann begann sie zu überlegen, wie sie sich bedanken könnte.
Sie dachte an Blumen, an Kekse – und plötzlich hatte auch sie eine Idee.
„Vielleicht… ein bisschen Wasser?“, sagte sie laut.
Sie stellte eine große Schale vor ihr Fenster, direkt auf das kleine Mäuerchen am Gartenzaun.
Sie füllte sie mit frischem, kühlen Wasser – jeden Morgen.
Und sie schrieb mit Kreide daneben:
„Für meine geheimnisvolle Freundin“
Lea war begeistert.
Sie trank, ließ das kühle Wasser über ihre kleinen Pfoten laufen und schüttelte vor Freude den buschigen Schwanz.
Von da an wurde es zur Tradition.
Lea brachte eine Nuss.
Die Nachbarin brachte Wasser.
Und bald sprach sich das im ganzen Wald herum.
Die Amsel brachte Beeren als Dank.
Der Igel legte ein paar glänzende Käferpanzer dazu.
Und selbst der Dachs schob einmal einen alten Pfirsichkern zur Schale.
Die Schale wurde zu einem Treffpunkt.
Ein Ort zum Teilen, Trinken und Staunen.
Die Nachbarin entdeckte jeden Tag neue kleine Geschenke.
Ein Blatt in Herzform.
Ein winziger Pilz.
Ein Eichelhut, der wie ein Krönchen aussah.
Und sie begann zu antworten.
Sie stellte eine zweite Wasserschale daneben – für kleinere Tiere.
Sie baute eine winzige Holzbank aus alten Eisstielen.
Und sie stellte ein Schild auf:
„Willkommen, ihr Waldfreunde.“
Lea saß oft oben im Baum und schaute zu.
Sie hatte nie mit ihr gesprochen.
Aber irgendwie verstanden sie sich trotzdem.
Und Opa?
Der hatte endlich wieder frisches Wasser.
„Du hast das gut gemacht“, sagte er und tupfte ihr mit einem Blatt über die Stirn.
„Du hast den Menschen gezeigt, was wir brauchen – ohne ein einziges Wort.“
Lea schnurrte ein bisschen vor Stolz.
Und wenn sie heute mit ihren kleinen Pfoten eine Nuss auf die Fensterbank legt, dann weiß sie:
Da unten ist jemand, der sieht sie.
Der versteht sie.
Und der schenkt ihr das, was man im Sommer am meisten braucht – Wasser.
Und vielleicht auch ein bisschen Freundschaft.
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Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
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P.S.: Du kannst Onkel Guidos Geschichten auch auf den folgenden Plattformen anhören.