Hoch oben, wo die Wolken wie weiche Inseln schweben, lebt ein kleiner Junge mit einer Trommel. Mit jedem Schlag verändert er das Wetter: Mal zaubert er sanfte Regentropfen, mal lässt er die Sonne strahlen. Doch eines Tages verliert er seinen Rhythmus und das ganze Wolkenland gerät durcheinander.

Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.

...

Hoch oben, über den Gipfeln der Berge, lag das geheimnisvolle Wolkenland.

Dort waren die Wolken wie weiche Inseln, die im Himmel trieben, und auf ihnen lebten Kinder, die die Geheimnisse des Wetters hüteten.

Unter ihnen war ein kleiner Junge namens Lian.

Lian hatte eine Trommel, die aus dem Holz eines uralten Regenbogens geschnitzt war.

Immer wenn er auf seiner Trommel spielte, folgte das Wetter seinem Rhythmus.

Wenn er fröhlich und leicht schlug, lachte die Sonne und ließ die Welt darunter strahlen.

Wenn er sanfte, langsame Schläge spielte, rieselten leise Regentropfen herab, die die Wiesen tränkten.

Und wenn er kräftig trommelte, rollten mächtige Donnerwolken über den Himmel.

Lian war stolz auf seine Trommel, aber er war auch noch sehr jung.

Manchmal verlor er den Takt, und dann passierte etwas Unerwartetes.

Eines Morgens wollte er einen frischen Regen spielen, damit die Blumen unten im Tal nicht verdursteten.

Doch er war unkonzentriert, seine Hände zitterten, und statt sanfter Regentöne kam ein lautes Durcheinander.

Die Wolken wirbelten, Blitze zuckten, und ein unruhiger Wind fegte über das Land.

„Oh nein!“, rief Lian erschrocken. „Das wollte ich nicht!“

Die anderen Kinder des Wolkenlandes blickten besorgt auf.

„Du hast den Rhythmus verloren“, sagte ein Mädchen mit einer Sonnenharfe. „Ohne deinen Takt gerät das Wetter durcheinander.“

Lian senkte den Kopf. „Vielleicht bin ich noch zu klein für diese Aufgabe.“

Traurig setzte er sich auf seine Wolkeninsel.

Doch dann spürte er etwas Weiches an seiner Hand.

Eine kleine Wolke hatte sich zu ihm gesetzt, wie ein Haustier.

Sie plusterte sich auf und formte ein Herz.

„Du kannst es schaffen“, flüsterte die Wolke, als hätte sie eine Stimme, die nur Lian hören konnte.

„Deine Trommel folgt nicht nur deinen Händen – sie folgt deinem Herzen.“

Lian atmete tief ein.

Er legte die Hände sanft auf die Trommel und schloss die Augen.

Er dachte an die Kinder unten im Tal, die auf Regen hofften, und an die Vögel, die im Sonnenschein tanzen wollten.

Langsam begann er zu trommeln – bum, bum, bum – gleichmäßig, ruhig, warm.

Da lösten sich die dunklen Wirbelwolken, und sanfte Tropfen fielen zur Erde.

Die Blumen richteten sich auf, die Bäche füllten sich mit klarem Wasser, und die Menschen unten hoben lachend die Gesichter zum Himmel.

Lian lächelte.

Er hatte seinen Rhythmus wiedergefunden.

Von diesem Tag an spielte er nicht mehr nur mit den Händen, sondern mit dem ganzen Herzen.

Und wenn er fröhlich trommelte, erschien sogar manchmal ein Regenbogen, der wie eine Brücke vom Wolkenland zur Erde leuchtete.

So wurde Lian zum Hüter der Melodie des Himmels – und noch heute sagen die Menschen, wenn es sanft regnet oder die Sonne nach einem Schauer strahlt:

„Da oben trommelt der kleine Junge wieder.“