Jonas war ein stiller Junge. Er sprach wenig, aber beobachtete viel. Und manchmal - ganz heimlich - malte er das, was er geträumt hatte. Doch niemand wusste, dass diese Bilder etwas konnten, was sonst nur Sterne tun: leuchten, wärmen und Wunder wirken.

Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.

...

Jonas war anders.

Nicht komisch - nur anders.

Er redete wenig.

Aber seine Augen leuchteten, wenn jemand von Träumen sprach.

Nachts träumte er bunt.

Von fliegenden Elefanten,

von lachenden Bäumen

und von Brücken aus Licht.

Und morgens malte er.

Mit Wasserfarben, Kreide oder einfach mit einem Stück Kohle.

Niemand sah ihn malen.

Er tat es heimlich in der alten Scheune hinter dem Haus.

Dort hingen Bilder an der Wand,

so groß wie Träume selbst.

Ein roter Vogel,

der auf Regen tanzt.

Ein Baum, der Lieder summt.

Ein Junge auf einem Wal aus Licht.

Eines Tages kam Lilli vorbei.

Sie war neugierig,

weil sie Jonas oft mit Farbflecken auf der Nase gesehen hatte.

„Was machst du da?“, fragte sie.

Jonas zuckte mit den Schultern.

„Ich male meine Träume.“

„Darf ich sie sehen?“, flüsterte sie.

Zögernd nickte er.

Und dann öffnete er das Scheunentor.

Lilli trat ein 

und staunte.

Die Bilder leuchteten.

Nicht nur schön,

sondern warm.

Wie ein Lagerfeuer für die Seele.

„Du musst das zeigen!“, rief Lilli.

Aber Jonas schüttelte den Kopf.

„Was, wenn die Leute lachen?“

Lilli lächelte.

„Dann träum weiter.

Und zeig’s denen, die fühlen können.“

Am nächsten Tag hingen plötzlich kleine Zettel in der Schule:

Heute Abend: Traum-Ausstellung in der Scheune.

Jonas war blass.

Lilli grinste.

Als die Sonne unterging,

kamen sie.

Die Kinder.

Die Eltern.

Die alte Frau mit dem krummen Rücken.

Der Mann, der nie lachte.

Und sie sahen.

Und sie staunten.

Und niemand lachte.

Ein kleines Mädchen tanzte vor dem Regenbogenbild.

Ein Junge fragte leise:

„Können Träume wahr werden?“

Der Mann, der nie lachte,

hatte plötzlich Tränen in den Augen.

„Diese Bilder … sie erinnern mich an früher“, sagte er.

Jonas stand da,

sein Herz pochte.

Aber es war kein Angstklopfen.

Es war Mut.

Am nächsten Morgen lag vor seinem Haus eine Kiste mit Farben.

Ein Brief:

Mal weiter, Jonas. Die Welt braucht deine Träume.

Jonas lächelte.

Und zum ersten Mal

malte er bei offenem Fenster.