Kapitel 5: Heiligabend, Hoffnungen und ein Blick in die Zukunft

Onkel Guido
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Kapitel 5: Heiligabend, Hoffnungen und ein Blick in die Zukunft
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Die Tage bis Weihnachten vergingen schneller, als Lina gedacht hatte.

Sie bastelte Karten.

Sie packte kleine Päckchen ein.

Sie ging mit Papa einkaufen und half, die richtigen Orangen für den Weihnachtspunsch auszusuchen.

Immer wieder schrieb sie ein paar Zeilen in ein kleines Heft, das sie „Wintergedanken“ nannte.

Darin standen Erinnerungen.

Wie Frau Mertens’ Augen geleuchtet hatten.

Wie Opa sein Bild angesehen hatte.

Wie der erste Schnee aussah, als er vom Himmel gefallen war.

Am Morgen des Heiligabends wachte Lina früh auf.

Es war noch halb dunkel im Zimmer.

Ein schmaler Streifen Licht fiel durch einen Spalt im Vorhang.

Der Schnee draußen glitzerte leise.

Lina setzte sich auf und hörte.

Das Haus war ruhig.

In der Ferne läuteten schwach die Glocken einer Kirche.

Sie kroch aus dem Bett, zog ihren Morgenmantel an und tappte zum Fenster.

Sie schob den Vorhang ein Stück zur Seite.

Der Garten lag still da.

Kein Wind, kein knirschendes Geräusch.

Nur die weiße Decke aus Schnee.

Und mitten darin, am Rand des Gartens, stand der kleine Fuchs.

Er sah zum Haus.

Sein Schwanz lag wie ein Schal um ihn herum.

Lina musste lächeln.

„Frohe Weihnachten“, flüsterte sie.

Der Fuchs bewegte leicht die Ohren.

Für Lina fühlte es sich an, als hätte er genickt.

Dann lief er gemächlich zum Zaun und verschwand durch ein kleines Loch zwischen den Latten.

Lina dachte kurz, dass vielleicht auch Tiere so etwas wie Weihnachten spüren konnten.

Nicht mit Geschenken.

Sondern mit Ruhe.

Mit Futter, das sie fanden.

Mit Wärme, wenn sie einander nahe waren.

In der Küche war Mama schon wach.

Sie stand am Herd und rührte in einem Topf mit Milch und Grieß.

„Guten Morgen, mein Weihnachtsstern“, sagte sie.

„Na, bist du aufgeregt?“

Lina nickte.

Aber sie war nicht nur aufgeregt wegen der Geschenke.

Sie war gespannt, wie sich der Abend anfühlen würde.

„Ich möchte heute etwas machen“, sagte sie plötzlich.

„Etwas, das ich später nie vergesse.“

Mama sah sie neugierig an.

„Was meinst du denn?“

Lina dachte nach.

„Ich möchte heute Abend, bevor wir die Geschenke auspacken, dass wir uns alle sagen, wofür wir dankbar sind.“

„Und vielleicht wünschen wir uns etwas für andere.“

Mama lächelte.

„Das ist eine wunderbare Idee.“

„Das machen wir so.“

Der Tag verging mit Vorbereitungen.

Sie stellten den Tannenbaum auf.

Nicht so groß wie mancher im Kaufhaus.

Aber doch groß genug, um das Wohnzimmer zu füllen.

Sie schmückten ihn mit Kugeln, die schon viele Jahre alt waren.

Mit Strohsternen.

Mit einer Papierkette, die Lina im Kindergarten gebastelt hatte, als sie noch kleiner war.

Am Nachmittag machten sie einen Spaziergang.

Die Welt war ruhig.

Nur hier und da sah man Familien, die auch unterwegs waren.

Lina stellte sich vor, wie in allen Häusern Lichter angezündet wurden.

Wie Töpfe auf Herden standen.

Wie Kinder Hibbelgefühl im Bauch hatten.

„Weißt du“, sagte Papa, als sie über den knirschenden Schnee gingen.

„Wenn ich so in die Häuser blicke, denke ich mir oft.“

„Jeder Mensch hat seine Geschichte.“

„Jede Familie hat ihre Sorgen und ihre Hoffnungen.“

„Weihnachten erinnert uns daran, dass wir alle irgendwie verbunden sind.“

Lina sah zu ihm hoch.

„Auch mit Leuten, die wir gar nicht kennen?“, fragte sie.

Papa nickte.

„Ja.“

„Auch mit ihnen.“

„Weil jeder sich wünscht, dass es ihm gut geht und dass die Zukunft freundlich zu ihm ist.“

Lina dachte an die Kinder in anderen Ländern.

An Menschen, die vielleicht gerade weit weg waren von ihren Familien.

Ihr Herz wurde kurz schwer.

Aber dann erinnerte sie sich daran, was Opa gesagt hatte.

Dass Geschichten wie Decken sein konnten.

Und dass auch ein guter Gedanke wie eine kleine Kerze sein konnte.

„Dann wünsche ich mir heute Abend für alle Menschen, dass sie ein bisschen Hoffnung finden“, sagte sie entschlossen.

„Nicht nur für mich.“

„Sondern für alle.“

Der Abend kam.

Es wurde früh dunkel, wie im Winter üblich.

Sie zündeten die Kerzen am Baum an.

Das Zimmer wurde in ein warmes Lichtermeer getaucht.

Mama stellte die Krippe unter den Baum.

Papa brachte den Teller mit Plätzchen.

In Linas Bauch tanzten viele kleine Gefühle durcheinander.

Aufgeregtheit.

Freude.

Ein bisschen Wehmut.

Aber auch ein ruhiges, warmes Gefühl.

Sie setzten sich zusammen auf das Sofa.

Mama nahm die Bibel aus dem Regal und las ein paar Zeilen von der Geschichte im Stall.

Von Menschen, die unterwegs waren.

Von einem Kind, das in einer Krippe lag.

Von einem Stern, der geleuchtet hatte.

Lina hörte zu.

Sie dachte daran, dass jede Zeit ihre eigenen Sorgen hatte.

Aber dass die Menschen schon immer davon erzählt hatten, dass ein Licht in die Welt kommt.

Danach sah Mama sie an.

„Möchtest du sagen, was du dir überlegt hast?“, fragte sie.

Lina räusperte sich.

Sie war ein bisschen schüchtern.

Doch dann straffte sie die Schultern.

„Ich wollte, dass wir heute Abend alle sagen, wofür wir dankbar sind“, begann sie.

„Ich fang an.“

„Ich bin dankbar, dass wir zusammen sind.“

„Dass wir lachen können.“

„Dass wir Frau Mertens besucht haben.“

„Und Opa.“

„Und dass ich dieses Jahr gemerkt habe, dass Weihnachten nicht nur im Kalender steht, sondern auch hier.“

Sie legte ihre Hand auf die Brust.

„In meinem Herzen.“

Mama wischte sich über die Augen.

Papa nickte ernst.

„Ich bin dankbar“, sagte er, „dass wir trotz mancher Sorgen immer wieder Grund zum Lachen finden.“

„Und dass ich sehen darf, wie du, Lina, groß wirst und so liebe Gedanken hast.“

„Ich bin dankbar“, sagte Mama leise, „für jeden Tag, an dem wir gesund aufwachen.“

„Für warme Decken.“

„Für Menschen, die an uns denken.“

„Und dafür, dass Hoffnung etwas ist, das man nicht kaufen muss.“

Sie saßen eine Weile schweigend da.

Es war eine schöne Stille.

Eine Stille, in der man die Kerzen knistern hörte und das eigene Herz.

„Jetzt“, sagte Lina schließlich, „möchte ich meinen Wunsch sagen.“

„Nicht den für mich.“

„Den für alle.“

Sie schloss die Augen.

„Ich wünsche mir, dass in jedem Haus zumindest ein kleines Licht brennt.“

„Dass niemand ganz vergessen wird.“

„Dass Menschen nett zueinander sind.“

„Und dass die Zukunft freundlich wird.“

„Auch wenn wir noch nicht wissen, wie genau.“

Sie öffnete die Augen wieder.

Mama und Papa sahen sie liebevoll an.

„Das ist ein großer Wunsch“, sagte Mama.

„Aber ich glaube, dass jeder kleine gute Moment hilft, ihn ein bisschen wahr zu machen“, fügte Papa hinzu.

Dann war es Zeit für die Geschenke.

Es waren nicht viele.

Ein Buch mit Wintergeschichten.

Ein neues Paar warme Handschuhe.

Ein selbstgebasteltes Gutscheinheft von Mama und Papa für „gemeinsame Spaziergänge“, „Vorleseabende“ und „Kakao mit Extra Sahne“.

Lina freute sich über alles.

Aber am meisten freute sie sich über das Gefühl, das in ihrem Bauch wohnte.

Ein Gefühl, das sagte:

„Es ist gut so.“

Später, als sie schon im Schlafanzug wieder am Fenster stand, fiel leise neuer Schnee.

Die Welt war weich und ruhig.

Kein Auto, kein Lärm.

Nur das sanfte Fallen der Flocken.

Und am Rand des Gartens, fast versteckt zwischen den Sträuchern, bewegte sich etwas.

Der kleine Fuchs stand da.

Er sah hoch zu Linas Fenster.

Im Licht der Straßenlampe glitzerte eine Schneeflocke auf seiner Nase.

Lina legte die Hand an die Scheibe.

„Weißt du“, flüsterte sie.

„Ich glaube, der Weihnachtsmann war da.“

„Nicht nur mit Geschenken.“

„Sondern mit einem Gefühl.“

„Ein Gefühl, das bleibt.“

Der Fuchs blinzelte.

Dann drehte er sich um und lief in den stillen, weißen Abend hinaus.

Seine Pfotenspuren verschwanden bald unter neuen Flocken.

Aber in Linas Erinnerung würden sie bleiben.

Als ein kleiner, leiser Gruß aus einem Winter, in dem sie verstanden hatte, was Weihnachten wirklich bedeutete.

Nicht nur für ein Jahr.

Sondern für alle Jahre, die kommen würden.

Sie kroch ins Bett, zog die Decke bis zum Kinn und lächelte.

„Auch wenn ich mal groß bin“, murmelte sie schläfrig.

„Werde ich mich daran erinnern.“

„An den Schnee.“

„An das Licht.“

„An Opa, Frau Mertens und den kleinen Fuchs.“

„Und daran, dass die Zukunft freundlich sein kann, wenn wir freundlich miteinander sind.“

Mit diesem Gedanken glitt sie hinüber in einen tiefen, ruhigen Schlaf.

Draußen leuchteten die Sterne über dem stillen, weihnachtlichen Garten.

Und irgendwo, weit hinten im Feld, rollte sich ein kleiner Fuchs zusammen und träumte vielleicht auch von Lichtern, Wärme und einem guten Morgen, der kommen würde.


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