An einem sonnigen Frühlingstag fragt die kleine Lotta ihre Oma, warum heute alle so fröhlich sind.
Sie hat noch nie von „Pfingsten“ gehört – und was hat es bloß mit Kerzen im Herzen und flüsternden Winden zu tun?
Oma Käthe kennt eine Geschichte, die älter ist als jeder Baum im Garten und die von einem Zauber erzählt, der Menschen verbindet.
Gemeinsam begeben sich die beiden auf eine liebevolle Reise voller Wärme, Verständnis und leiser Wunder.
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
...
In einem kleinen Dorf am Rande eines großen Waldes lebte die fünfjährige Lotta mit ihrer Mama, ihrem Papa und ihrem Kater Mucks.
An diesem Sonntagmorgen war alles irgendwie besonders.
Die Vögel sangen fröhlicher als sonst, und überall duftete es nach Flieder und frischem Gras.
„Warum haben heute alle so gute Laune?“, fragte Lotta und streichelte Mucks, der sich schnurrend auf dem Fensterbrett räkelte.
Mama lächelte.
„Heute ist Pfingsten, mein Schatz.“
„Pfingsten?“, fragte Lotta erstaunt.
„Was ist das denn?“
Doch bevor Mama antworten konnte, hörte Lotta draußen eine vertraute Stimme.
„Lotta!“, rief Oma Käthe vom Gartenzaun.
„Willst du mit mir einen Spaziergang machen?“
Lotta hüpfte vergnügt zur Tür hinaus und hakte sich bei ihrer Oma unter.
Gemeinsam schlenderten sie durch den Garten und weiter in die Wiesen, wo der Löwenzahn leuchtete und der Wind sachte über die Felder strich.
Nach einer Weile fragte Lotta: „Oma, was ist eigentlich Pfingsten?“
Oma Käthe blieb stehen, hob eine kleine Butterblume auf und sagte leise: „Das ist eine schöne Frage, mein Herzchen. Komm, ich erzähl dir eine Geschichte.“
Lotta setzte sich ins Gras, und Oma begann zu erzählen.
„Vor langer, langer Zeit – so erzählt man – lebten viele Menschen, die sich nicht verstanden, obwohl sie gar nicht so verschieden waren.“
„Wie jetzt?“, fragte Lotta.
„Na, sie sprachen alle verschiedene Sprachen und dachten, der andere sei fremd oder seltsam. Und das machte sie traurig und manchmal auch wütend.“
Oma strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und fuhr fort.
„Eines Tages aber geschah etwas Wunderbares. Der Himmel war ganz hell, als ob jemand eine unsichtbare Kerze in jedes Herz setzte.“
„Eine Kerze?“, fragte Lotta neugierig.
„Ja, eine Kerze aus Licht, Wärme und Liebe. Und plötzlich verstanden sich die Menschen – obwohl jeder in seiner eigenen Sprache sprach.“
„Das ist ja wie Zauberei!“, staunte Lotta.
Oma nickte.
„Man nennt es den Pfingstgeist. Er kam wie ein warmer Wind, der alles friedlich und leicht machte.“
Lotta schaute nachdenklich in den Himmel, wo eine kleine Wolke wie ein Schäfchen dahintrieb.
„Und warum feiern wir das heute noch?“
„Weil wir daran glauben, dass dieser Geist immer wieder kommen kann – wenn wir freundlich sind, teilen, zuhören und einander helfen.“
„Und ist das auch mit Geschenken?“, wollte Lotta wissen.
Oma lachte leise.
„Nein, keine Päckchen. Aber vielleicht mit einem Stück Kuchen, einem Lächeln oder einer helfenden Hand.“
Sie standen wieder auf und spazierten weiter durch den lichten Wald.
Über ihnen sang eine Amsel ihr Morgenlied.
Lotta überlegte.
„Dann ist Pfingsten wie ein Fest für die Herzen?“
„Ganz genau, mein Schatz.“
Am Waldrand entdeckten sie eine kleine Kapelle.
Davor stand eine Bank, und Oma schlug vor, sich kurz auszuruhen.
Lotta beobachtete ein Marienkäferchen, das über ihren Finger krabbelte.
„Wenn ich groß bin, erzähle ich auch so schöne Geschichten wie du, Oma.“
„Das wirst du bestimmt. Und weißt du was?“, sagte Oma lächelnd.
„Jede Pfingstgeschichte, die man erzählt, lässt das Licht ein bisschen heller leuchten.“
Lotta schloss die Augen und stellte sich vor, wie tausend kleine Kerzen in den Herzen der Menschen brannten.
„Ich glaube, ich habe den Pfingstgeist gespürt.“
„Vielleicht war er ja schon die ganze Zeit bei uns“, flüsterte Oma.
Am Nachmittag saßen sie alle zusammen im Garten.
Es gab Erdbeerkuchen mit Sahne, der Wind spielte mit den Servietten, und Mucks sprang vergnügt hinter einem Schmetterling her.
Lotta erzählte allen ihre Version von Pfingsten.
„Das ist ein Herzensfest“, sagte sie stolz.
„Mit Kerzen im Bauch, die keiner sehen, aber alle fühlen können.“
Mama drückte sie fest an sich.
„Das hast du wunderschön gesagt.“
Am Abend, als Lotta im Bett lag, hörte sie draußen die Grillen zirpen.
Sie schloss die Augen und murmelte: „Gute Nacht, kleiner Pfingstgeist. Danke für das Licht.“
Und während sie einschlief, lächelte sie im Traum – und irgendwo im Himmel leuchtete eine neue kleine Kerze.
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Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
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