Wenn der Regen ans Fenster klopft, öffnet Oma Lotte ihren alten Korb voller Erinnerungen.

Jedes Stück darin erzählt eine Geschichte und heute entdeckt Michaela das geheimnisvolle Land der vergessenen Spielsachen.

Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.

...

Draußen prasselte der Regen gegen die Fensterscheiben.

Die Tropfen klangen wie kleine Trommeln, und der Wind summte leise dazu.

Michaela saß auf dem Teppich und sah hinaus.

„Oma, es regnet schon den ganzen Tag!“, seufzte sie. „Ich weiß gar nicht, was ich machen soll.“

Oma Lotte lächelte und legte ihr Strickzeug beiseite.

„Weißt du, meine Kleine, für Regentage gibt es etwas ganz Besonderes.“

Sie stand auf, ging zur alten Kommode und holte einen großen, geflochtenen Korb hervor.

Der Korb war alt, ein bisschen schief und duftete nach Holz und Erinnerungen.

„Das ist mein Geschichtenkorb“, sagte Oma Lotte geheimnisvoll. „Immer wenn es draußen regnet, darf jemand hineinschauen.“

Michaela sprang neugierig auf. „Und was ist da drin?“

„Erinnerungen“, flüsterte Oma. „Und jede erzählt eine eigene Geschichte.“

Sie öffnete den Deckel.

Drinnen lagen allerlei Dinge: ein altes Kuscheltier, eine kleine Murmel, eine Spielzeuglokomotive, ein Holzpferd und ein goldener Knopf.

Oma nahm den Knopf heraus und legte ihn in Michaelas Hand.

„Was wohl dieser Knopf erzählen möchte?“, sagte sie lächelnd.

Michaela sah den Knopf an und plötzlich begann er zu glitzern.

Ein warmes Licht erfüllte das Zimmer, und ehe sie sich versah, war Michaela nicht mehr bei Oma im Wohnzimmer.

Sie stand mitten auf einem bunten Platz, umgeben von Spielsachen!

Puppen winkten ihr zu, Teddys tanzten, und eine Eisenbahn fuhr fröhlich im Kreis.

„Wo bin ich?“, fragte sie erstaunt.

„Im Land der vergessenen Spielsachen“, antwortete eine kleine Holzpuppe mit roter Schleife. „Hier landen alle Dinge, die Kinder eines Tages nicht mehr brauchen.“

Michaela sah sich um.

Ein Ball lag traurig in der Ecke, und eine alte Puppe seufzte.

„Wir waren einmal geliebt“, sagte sie leise. „Aber jetzt erinnert sich niemand mehr an uns.“

Michaela bekam ein warmes Gefühl im Herzen.

„Das ist traurig. Aber wisst ihr was? Ich erinnere mich an euch und ich kann Geschichten erzählen!“

Die Spielsachen blickten neugierig auf.

„Erzähl uns eine!“, rief der Teddybär.

Also setzte sich Michaela auf eine kleine Kiste und begann zu erzählen, von Abenteuern, von Spielen im Garten, von Lachen und Sonne.

Je mehr sie sprach, desto heller wurde das Licht um sie herum.

Die Spielsachen begannen zu tanzen, der Ball sprang wieder, und die Puppe lächelte.

„Danke, Michaela“, sagte die Holzpuppe. „Du hast uns Leben geschenkt. Solange sich jemand erinnert, sind wir nicht vergessen.“

Da fühlte Michaela wieder das warme Leuchten.

Sie blinzelte und war zurück im Wohnzimmer.

Oma Lotte saß im Sessel und lächelte.

„Na, hat der Knopf dir etwas erzählt?“

Michaela nickte langsam. „Oh ja, Oma. Er hat mir eine ganze Welt gezeigt.“

Oma zwinkerte. „So ist das mit Erinnerungen. Sie leben in uns weiter, wenn wir sie erzählen.“

Michaela legte den Knopf vorsichtig zurück in den Korb.

„Darf ich morgen wieder reinschauen?“

„Wenn es regnet, ja“, sagte Oma und strich ihr übers Haar.

Draußen tropfte der Regen sanft weiter, und im Korb glitzerte der Knopf, als wollte er sagen:

Bis zum nächsten Mal.

Und Michaela wusste: Jeder Regentag würde von nun an ein kleines Abenteuer bereithalten.