Paul liebt Abenteuer - am liebsten mit seiner Fantasie. Als er auf dem Dachboden seiner Oma einen alten Rucksack entdeckt, beginnt ein ganz besonderes Erlebnis. Denn dieser Rucksack ist nicht leer. Er ist voller Wünsche. Und jeder Wunsch will verschenkt werden …

Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.

...

Paul war acht Jahre alt und hatte eine ganz besondere Gabe:

Er konnte mit geschlossenen Augen ganze Abenteuer erleben.

Das war besonders praktisch, wenn es regnete oder wenn seine kleine Schwester Clara seine Spielsachen stibitzt hatte.

An diesem Samstag besuchte Paul seine Oma.

Sie wohnte in einem alten Haus mit knarrenden Dielen und einem geheimnisvollen Dachboden.

„Du darfst heute mal ganz allein raufgehen“, sagte Oma und zwinkerte.

Paul kletterte die steile Holztreppe hinauf.

Es roch nach Staub und alten Zeiten.

Kisten stapelten sich bis unter die Dachbalken.

In einer Ecke entdeckte er etwas Seltsames:

Ein brauner Rucksack mit einem goldenen Stern darauf.

Neugierig öffnete er ihn.

Er war leer.

Oder doch nicht?

„Mach mich auf und wünsch dir was“, flüsterte eine Stimme.

Paul erschrak.

„Wer ... wer bist du?“, flüsterte er.

„Ich bin der Rucksack voller Wünsche“, sagte die Stimme.

„Aber meine Wünsche sind nicht für dich. Sie gehören anderen.“

Paul runzelte die Stirn.

„Wünsche verschenken? Wie soll das gehen?“

„Trage mich mit und achte auf dein Herz“, antwortete der Rucksack.

Paul nahm ihn mit.

Schon am nächsten Tag traf er Lisa aus dem Nachbarhaus.

Sie saß traurig auf der Treppe.

„Mein Hamster ist weg“, schluchzte sie.

Der Rucksack vibrierte leicht.

Paul öffnete ihn - und darin lag ein kleines goldenes Glöckchen.

„Gib es ihr“, sagte die Stimme.

Paul reichte Lisa das Glöckchen.

„Wenn du klingelst, findet dich dein Hamster. Ganz sicher!“

Lisa lächelte, klingelte - und tatsächlich:

Ihr Hamster wuselte plötzlich unter dem Busch hervor.

„Wow!“, staunte Paul.

So ging es weiter.

Ein Junge aus Pauls Klasse, der nie lachte, bekam eine Seifenblasenflasche aus dem Rucksack –

und fing plötzlich an zu lachen, als eine Riesenblase auf seiner Nase platzte.

Ein alter Mann im Park bekam ein Lied, das er früher immer gesungen hatte.

Paul sang es ihm leise vor, weil der Rucksack ihm die Worte ins Ohr flüsterte.

Jeder Wunsch, den Paul verschenkte, machte sein Herz ein kleines bisschen wärmer.

Aber eines Tages war der Rucksack ganz still.

„Kein Wunsch mehr?“, fragte Paul traurig.

„Doch“, sagte die Stimme.

„Jetzt ist dein Wunsch dran.“

Paul überlegte.

Er wünschte sich, dass sein Papa wieder mehr lachte.

Seit dem neuen Job war er oft müde und still.

Der Rucksack wurde warm.

Ein kleines Päckchen erschien darin - mit einem Papierdrachen und einer Notiz:

„Zeit ist das schönste Geschenk.“

Paul übergab es seinem Papa.

„Ein Drache?“, fragte der erstaunt.

„Zum Fliegenlassen. Nur wir zwei“, sagte Paul.

Sie gingen auf das Feld hinter dem Haus.

Der Wind wehte.

Der Drachen stieg hoch.

Und Papa lachte.

Laut.

Frei.

Glücklich.

Paul lächelte.

Der Rucksack war verschwunden.

Aber Paul wusste:

Die Wünsche waren nun alle da, wo sie gebraucht wurden.

Und manchmal, ganz leise, hörte er ihn noch flüstern:

„Wünsche sind am stärksten, wenn man sie teilt.“