

Ben und Leon waren die besten Freunde – bis sie sich darüber stritten, ob man Kettcar oder Gokart sagt.
Ihr Streit trennte sie viele Jahre lang, doch das Leben hatte einen wunderbaren Plan für ihre Freundschaft.
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
...
In einem kleinen Städtchen, in dem die Dächer rot und die Straßen von alten Bäumen eingerahmt waren, lebten zwei Jungen namens Ben und Leon.
Ben und Leon waren unzertrennlich.
Sie spielten zusammen, sie bauten Hütten zusammen, sie lachten zusammen.
Und am allerliebsten fuhren sie mit ihrem Lieblingsfahrzeug die Straße hinunter.
Ben nannte es Kettcar.
Leon nannte es Gokart.
Bis zu diesem einen Tag spielte das nie eine Rolle.
Doch an einem warmen Nachmittag, an dem die Sonne wie Honig durch die Äste schien, begann alles mit einem einzigen Satz.
Ben klopfte auf das rote Gefährt und sagte stolz:
„Komm, wir fahren mit meinem Kettcar!“
Leon verschränkte die Arme.
„Es heißt Gokart.“
Ben schüttelte den Kopf.
„Kettcar.“
Leon stampfte mit dem Fuß.
„Gokart!“
In wenigen Sekunden wurde aus einem kleinen Wort ein großer Streit.
Sie wurden lauter und lauter.
Der kleine Fuchs Filou, der oft in der Hecke neben der Straße schlief, reckte verwundert den Kopf heraus.
Er verstand natürlich nicht, was ein Kettcar oder ein Gokart war.
Aber er verstand, dass zwei Freunde gerade dabei waren, sich weh zu tun.
Ben warf die Hände in die Luft.
„Wenn du es nicht Kettcar nennst, will ich nicht mehr mit dir spielen!“
Leon drehte sich weg.
„Dann spiele ich eben auch nicht mehr mit dir!“
Und so gingen sie beide in verschiedene Richtungen.
Ihre Schritte waren schwer.
Ihr Herz war noch viel schwerer.
Von diesem Tag an sprachen sie nicht mehr miteinander.
Sie gingen weiter zur Schule.
Sie wuchsen.
Sie wurden älter.
Doch jedes Mal, wenn sie an den Hügel dachten, an dem sie gemeinsam hinuntergerast waren, spürten sie ein kleines Ziehen im Herzen.
Das Leben ging weiter.
Acht Jahre.
Zehn Jahre.
Zwanzig Jahre.
Die beiden Jungen wurden zu Männern.
Ben zog für seine Ausbildung weg.
Leon arbeitete in einer kleinen Werkstatt.
Und beide glaubten, dass der andere sie bestimmt längst vergessen hatte.
Doch das stimmte nicht.
Eines Tages, an einem stillen Herbstmorgen, kam Ben zurück in das kleine Städtchen.
Die Luft roch nach Kastanien.
Die Bäume warfen ihre Blätter wie kleine, goldene Briefe vom Himmel.
Ben spazierte durch die Straßen seiner Kindheit.
Da sah er es.
Den Hügel.
Die Kurve.
Die alte Hecke, hinter der Filou früher oft geschlafen hatte.
Und jemanden, der dort stand.
Leon.
Er hielt etwas in der Hand.
Ein kleines, verbeultes rotes Fahrzeug.
Es war das alte Kettcar.
Oder Gokart.
Oder vielleicht einfach das Gefährt, das zwei Freunde verbunden hatte.
Ben blieb stehen.
Sein Herz klopfte wie früher vor einer schnellen Abfahrt.
Leon drehte sich langsam um.
Ihre Blicke trafen sich.
Lange sagten sie nichts.
Dann lächelte Leon schief.
„Ich habe das hier gefunden“, sagte er. „Weißt du noch?“
Ben nickte.
„Ja.“
Leon fuhr fort.
„Es tut mir leid, dass wir uns gestritten haben… wegen eines Wortes.“
Ben atmete tief ein.
„Mir tut es auch leid. Ich hätte einfach lachen und weiterfahren sollen.“
Ein Windstoß wirbelte Blätter zwischen ihnen herum, als wollten sie sagen:
Jetzt ist die Zeit für einen neuen Anfang.
Leon tippte auf das kleine Gefährt.
„Wie nennen wir es denn heute?“
Ben überlegte kurz.
Dann sagte er:
„Wie wäre es einfach mit… unserem Flitzer?“
Leon lachte.
Ein warmes, ehrliches, längst vergessenes Lachen.
„Das gefällt mir.“
Aus der Hecke lugte plötzlich ein kleiner Fuchs hervor.
Er war älter geworden.
Sein Fell war weicher, sein Blick weiser.
Es war Filou.
Er wedelte mit seinem Schwanz, als würde er sagen:
Na endlich.
Ben und Leon setzten das alte Fahrzeug nebeneinander auf den Boden.
Sie sahen sich an.
Ohne ein weiteres Wort liefen sie gemeinsam den Hügel hinauf.
Das Gefährt zwischen ihnen.
Wie früher.
Wie immer.
Oben blieben sie stehen.
Der Blick über die Dächer ihrer Stadt war wunderschön.
Ben grinste.
„Bereit?“
Leon nickte.
„Bereit.“
Gemeinsam stießen sie ab.
Das Gefährt rollte.
Sie lachten.
Sie riefen.
Sie waren wieder Kinder und doch erwachsene Männer mit einem Herzen voller Erinnerungen.
Und als sie unten ankamen, schnaufend und glücklich, wusste jeder von ihnen:
Manchmal dauert es lange.
Manchmal braucht es Mut.
Aber wahre Freundschaft kommt immer zurück.
Und dann ist es wie damals.

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Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
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