Charlotte hat schon einmal ein kleines Eichhörnchen gerettet und weiß, wie wichtig es ist, Wildtiere in die richtigen Hände zu geben.
Als sie plötzlich wieder einem hilflosen Tier begegnet, zögert sie keine Sekunde – doch diesmal ist alles ein bisschen anders.
Eine liebevolle Folgegeschichte über Verantwortung, Mitgefühl und das kleine Glück, genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
...
Seit dem Frühling, als Charlotte ein durstiges Eichhörnchen gerettet hatte, war einiges passiert.
Sie hatte viele Bilder gemalt, in der Schule über Wildtiere gesprochen und sogar eine kleine Spendenaktion für die Auffangstation gestartet.
Das Eichhörnchen von damals – sie nannte es manchmal „Wuschel“ – war längst wieder gesund und lebte nun frei und glücklich im Wald.
Charlotte hoffte oft, es vielleicht noch einmal wiederzusehen.
Eines Spätsommertages streifte sie barfuß durch den Garten, ihre Lieblingsgummistiefel hatte sie vergessen, aber der Boden war warm und weich.
In ihrer Hand trug sie eine kleine Wasserflasche – seit Wuschel hatte sie immer eine dabei, „für alle Fälle“.
Als sie an der alten Kastanie vorbeikam, hörte sie plötzlich ein leises Quieken.
„Hmm?“ Charlotte blieb stehen und horchte.
Wieder dieses Geräusch – zaghaft und piepsig.
Sie drehte sich um und entdeckte ein winziges, graues Eichhörnchen, das mit großen Augen unter einem Busch saß.
Sein Schwanz war zerzaust, und seine Pfote zitterte.
Charlotte ging langsam in die Hocke.
„Hallo, du Kleines“, flüsterte sie, „du erinnerst mich an jemanden.“
Sie setzte sich ins Gras und stellte vorsichtig ihre Wasserflasche hin.
Das kleine Tier schnupperte, aber blieb ängstlich auf Abstand.
Charlotte erinnerte sich an die Frau aus der Wildtierstation.
„Immer Ruhe ausstrahlen. Keine schnellen Bewegungen.“
Sie sprach leise weiter: „Weißt du, ich hab schon mal einem Eichhörnchen geholfen. Er hieß Wuschel. Oder… zumindest nannte ich ihn so.“
Langsam, ganz langsam, tappste das kleine Tier näher.
Es trank einige Tropfen, dann kuschelte es sich plötzlich an Charlottes Knie.
„Oh je, du brauchst auch Hilfe, was?“
Charlotte stand auf und lief ins Haus.
„Mama! Noch ein Eichhörnchen! Es ist wieder passiert!“ rief sie.
Ihre Mama kam sofort mit.
„Oh, das ist aber noch jünger als das erste“, stellte sie fest.
Charlotte nickte.
„Ich glaub, es hat sich verletzt. Vielleicht ist es vom Baum gefallen.“
Wieder wickelten sie es vorsichtig in ein Tuch und legten es in eine kleine Kiste mit Luftlöchern.
„Wir fahren zur Wildtierstation“, sagte ihre Mama.
„Die wissen wieder, was zu tun ist.“
Charlotte hielt das Kistchen während der Fahrt ganz fest.
Diesmal fühlte es sich anders an.
Nicht weniger aufregend, aber irgendwie… vertrauter.
Als sie ankamen, begrüßte sie dieselbe freundliche Frau wie beim letzten Mal.
„Na, das ist aber ein Déjà-vu“, lachte sie, „bist du wieder unsere Eichhörnchenretterin?“
Charlotte grinste und nickte.
„Dieses hier war ganz allein. Ich hab ihm Wasser gegeben, wie beim letzten Mal.“
„Du hast gut aufgepasst“, lobte die Frau.
„Und weißt du was? Ich glaube, du hast ein Talent für so was.“
Charlotte errötete ein bisschen.
„Ich möchte einfach, dass es den Tieren gut geht. Und ich weiß jetzt: Man darf sie nicht behalten, egal wie süß sie sind.“
Die Frau nahm das kleine Eichhörnchen behutsam mit hinein.
„Wir kümmern uns. Und vielleicht… willst du ihm wieder einen Namen geben?“
Charlotte überlegte.
„Hm… diesmal vielleicht Flitzi. Weil es, wenn es wieder gesund ist, bestimmt ganz schnell durch die Bäume springt.“
„Ein schöner Name“, lächelte die Frau.
Auf dem Heimweg schaute Charlotte lange aus dem Fenster.
Der Wald rauschte vorbei, und sie fragte sich, ob Wuschel irgendwo da draußen war.
Vielleicht war Flitzi ja sogar sein kleiner Bruder?
Wer weiß?
Zuhause malte Charlotte wieder ein Bild.
Diesmal waren zwei Eichhörnchen darauf, eines sprang über einen Ast, das andere trank aus einer kleinen Flasche.
In einer Ecke saß ein kleiner Fuchs und beobachtete das Ganze – genau wie in ihrer Fantasie.
Am nächsten Tag hängte sie das neue Bild neben das alte.
Und darunter schrieb sie in großen Buchstaben:
„Wenn du einem Wildtier helfen willst, bring es zu den Profis – sie schenken ihm die Freiheit zurück.“
Charlotte lächelte zufrieden.
Vielleicht, dachte sie, wird sie später mal Tierärztin.
Oder Waldretterin.
Oder beides.
Aber heute war sie einfach nur Charlotte – die Freundin der Eichhörnchen.
Und das war schon ziemlich wunderbar.
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Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
…
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