Frieda ist neu in der Vorschule – und fühlt sich oft zu schüchtern, um etwas zu sagen.
Vor allem das Fragen fällt ihr schwer.
Doch dann entdeckt sie eine geheimnisvolle Tasche, die jeden Tag aufs Neue ein bisschen Mut schenkt.
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
...
Frieda war still.
Nicht, weil sie nichts zu sagen hatte – sondern weil sie sich nicht traute.
Sie war neu in der Vorschule.
Alle Kinder kannten sich schon.
Sie wussten, wo die Trinkflaschen stehen, wie die Malfarben heißen und dass Frau Linde immer Honigtee trinkt.
Frieda wusste das nicht.
Und sie wollte nicht stören.
Am ersten Tag saß sie auf einem Hocker in der Leseecke – und sagte kein Wort.
Am zweiten Tag malte sie ein Bild und traute sich nicht zu fragen, ob sie Kleber nehmen darf.
Am dritten Tag passierte etwas Merkwürdiges.
Auf ihrem Garderobenplatz hing eine Tasche.
Eine, die sie noch nie gesehen hatte.
Sie war flauschig, pink und hatte Hasenohren.
Ein kleiner Zettel steckte drin:
„Frag dich frei.“
Frieda runzelte die Stirn.
Sie griff in die Tasche – und zog einen weichen Stoffstern heraus.
Darauf stand:
„Heute darfst du einmal fragen – ohne rot zu werden.“
Frieda schluckte.
Sie hielt den Stern fest in der Faust, ging zu Frau Linde und flüsterte:
„Kann ich eine neue Schere bekommen? Meine ist … klebrig.“
Frau Linde lächelte.
„Natürlich, Frieda. Gut, dass du gefragt hast.“
Frieda staunte.
Niemand hatte gelacht.
Niemand hatte geschimpft.
Am nächsten Tag war die Tasche wieder da.
Diesmal steckte ein kleiner Zettel mit einem Herz drin:
„Heute darfst du jemandem sagen, dass du traurig bist.“
Frieda überlegte lange.
Dann setzte sie sich neben Lina, die gerade ein Puzzle legte.
„Ich war gestern ein bisschen traurig“, flüsterte Frieda.
Lina sah auf.
„Wegen deiner Katze?“
Frieda nickte.
„Magst du mit mir das Meeres-Puzzle legen?“, fragte Lina.
Frieda lächelte. Und nickte.
Die Tasche war jeden Tag da.
Mal mit einem Mutmachwort.
Mal mit einem kleinen Spruch.
Manchmal mit einem Glitzerstein.
Und Frieda traute sich jeden Tag ein kleines bisschen mehr.
Am Freitag traute sie sich sogar, im Morgenkreis „Ich bin dran!“ zu sagen.
Und dann – am Montag – war die Tasche weg.
Frieda erschrak.
Sie suchte überall.
„Hast du meine Tasche gesehen?“, fragte sie.
Lina schüttelte den Kopf.
„Welche Tasche?“
Frieda setzte sich enttäuscht auf den Garderobenboden.
Doch da fiel ihr Blick auf den Spiegel an der Wand.
Und darin – sah sie sich selbst.
Mit geradem Rücken.
Und einem kleinen Lächeln.
Und da wusste sie:
Die Tasche war gar kein Zauber.
Der Mut war in ihr selbst gewachsen.
Und heute?
Traute sie sich, selbst einer anderen Schülerin zu helfen.
„Du bist neu, oder?“, fragte sie das schüchterne Mädchen.
„Ich zeig dir, wo die Kleber stehen.“
Das Mädchen nickte.
Und Frieda lächelte.
Denn manchmal … fängt Mut ganz leise an.
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Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
…
P.S.: Du kannst Onkel Guidos Geschichten auch auf den folgenden Plattformen anhören.