Mischka ist ein Kater, der sich nach einem ganz anderen Leben sehnt. Fasziniert von den Erdmännchen im Zoo versucht er, so zu leben wie sie und zwar aufrecht, wachsam und nie allein. Eine liebevolle Geschichte über Träume, Mut und die Kunst, seinen eigenen Weg zu finden.
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
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Mischka war ein prächtiger Kater. Sein Fell glänzte schwarz wie die Nacht, und seine Augen leuchteten golden wie zwei kleine Sonnen. Alle im Dorf bewunderten ihn, weil er so elegant und geschmeidig war. Doch Mischka selbst war mit seinem Leben gar nicht so zufrieden.
Er lebte in einem gemütlichen Haus mit seiner Familie, die ihn fütterte, streichelte und manchmal sogar mit ihm spielte. Aber so oft er auch auf dem Sofa lag, Mäuse jagte oder auf dem Gartenzaun balancierte, in seinem Herzen spürte er eine seltsame Unruhe.
Eines Tages, als er im Zoo hinter dem Zaun stand und die Tiere beobachtete, entdeckte er zum ersten Mal die Erdmännchen. Sie standen aufrecht auf ihren Hinterbeinen, spähten neugierig in alle Richtungen und schauten mit funkelnden Augen in die Welt hinaus. Manchmal verschwanden sie blitzschnell in einem Erdloch, nur um kurz darauf alle zusammen wieder aufzutauchen.
Mischka war fasziniert.
„Wie aufregend ihr lebt“, murmelte er. „Ihr arbeitet zusammen, ihr haltet Wache, ihr seid nie allein. Ich … ich möchte auch so sein wie ihr.“
Von diesem Tag an war es um Mischka geschehen. Er wollte kein Kater mehr sein. Er wollte ein Erdmännchen werden.
Also begann er zu üben. Zuerst versuchte er, auf seinen Hinterbeinen zu stehen. Er stellte sich vor den Spiegel im Wohnzimmer, hob die Vorderpfoten in die Luft und reckte sich so hoch er konnte. Nach wenigen Sekunden kippte er um und plumpste auf den Teppich. „Miau! Das war schwerer als gedacht.“ Doch Mischka gab nicht auf. Jeden Tag trainierte er ein bisschen länger. Bald konnte er schon einige Sekunden ganz still stehen, wenn auch sehr wackelig.
Dann versuchte er, wie ein Erdmännchen zu wachen. Vom Zaun im Garten spähte er aufmerksam nach allen Seiten. Wenn ein Vogel vorbeiflog, miaute er warnend. Wenn ein Schmetterling flatterte, schnurrte er laut. Seine Familie lachte über ihn, weil er so komisch da saß, doch Mischka fühlte sich stolz.
Eines Nachts träumte er sogar davon, in einem Bau unter der Erde zu leben. Er stellte sich vor, wie er durch Tunnel schlich, Schulter an Schulter mit anderen Erdmännchen. Sie arbeiteten Hand in Hand, oder besser gesagt: Pfote in Pfote. Mischka wachte mit einem glücklichen Seufzer auf.
Doch irgendwann begann er zu zweifeln. „Kann ein Kater wirklich ein Erdmännchen werden? Ich habe Krallen, ich schnurre, ich klettere auf Dächer … das passt doch gar nicht.“ Traurig rollte er sich zusammen und dachte, er müsste wohl sein Leben so akzeptieren, wie es war.
Da hörte er eines Tages eine leise Stimme aus dem Garten. Es war ein kleines Mädchen aus der Nachbarschaft, das ihn oft fütterte und streichelte. „Mischka, weißt du, warum ich dich so gernhabe?“ Der Kater schaute sie neugierig an. „Weil du immer so wachsam bist. Du erinnerst mich an die Erdmännchen im Zoo. Du bist ein richtiger Beschützer.“
Mischkas Herz machte einen Sprung. Vielleicht war er gar nicht so weit entfernt von seinem Traum. Vielleicht musste er kein echtes Erdmännchen werden, vielleicht konnte er einfach ein Kater sein, der wie eines lebte.
Von da an nannte er sich im Stillen „Mischka, der Erdmännchenkater“. Er stand oft im Garten auf seinen Hinterbeinen, spähte in die Ferne und schnurrte zufrieden, wenn er etwas bemerkte. Die Kinder im Dorf liebten ihn dafür. Sie kamen, um ihn zu bestaunen, und riefen lachend: „Schaut mal, das ist der Kater, der Erdmännchen spielt!“
Und Mischka war glücklich. Denn er hatte gelernt: Man muss nicht aufhören, man selbst zu sein, nur um etwas anderes zu werden. Manchmal reicht es, das Beste aus beiden Welten zu verbinden.
So blieb er ein Kater – aber einer, der die Seele eines Erdmännchens in sich trug. Und jedes Mal, wenn die Sonne unterging und Mischka aufrecht im Garten stand, schien es, als würde er den Sternen zuflüstern: „Man darf träumen, so viel man will – manchmal werden Träume auf die schönste Weise wahr.“
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Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
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