„Bill, die fliegende Ameise“ ist eine märchenhafte Gute-Nacht-Geschichte über Mut, Freundschaft und das Besondere in uns. Ideal zum Vorlesen für Kinder ab 3 Jahren: Eine Kindergeschichte, die zeigt, wie wichtig es ist, an sich zu glauben und stolz auf das zu sein, was einen einzigartig macht.
Viel Spaß bei dieser Gute-Nacht-Geschichte.
...
Bill war anders.
Während alle Ameisen in seiner Kolonie über den Waldboden wuselten, hatte er etwas, das keiner von ihnen kannte: kleine, schimmernde Flügel.
Schon als er aus seiner Puppenhülle schlüpfte, tuschelten die anderen Ameisen.
„Schau mal, der hat Flügel!“
„Wie sonderbar … Ameisen laufen, die fliegen doch nicht!“
Bill wurde rot vor Scham, so rot, wie eine Ameise eben werden kann.
Er wollte dazugehören, nicht auffallen.
Also flatterte er nur heimlich, wenn niemand hinsah.
Abends, wenn die Sonne wie eine goldene Scheibe hinter den Baumwipfeln versank, kletterte Bill auf einen hohen Grashalm.
Dann breitete er seine Flügel aus und hob ab.
Von oben sah die Welt ganz anders aus.
Die Grashalme wirkten wie ein wogender Dschungel, Tautropfen glitzerten wie Kristalle.
Einmal landete sogar ein Schmetterling neben ihm.
„Warum fliegst du so heimlich?“, fragte der Schmetterling freundlich.
„Weil die anderen lachen würden“, flüsterte Bill.
Der Schmetterling lächelte.
„Vergiss nicht: Manchmal schenkt dir das Leben etwas, das andere nicht verstehen. Doch genau das kann deine Stärke sein.“
Diese Worte brannten sich in Bills Herz.
Eines Nachmittags zog der Himmel dunkle Wolken auf.
Der Wind blies, Blätter wirbelten durch die Luft.
Dann prasselte der Regen nieder, erst zaghaft, dann wie ein Wasserfall.
Die Ameisen rannten durcheinander.
Die Gänge der Kolonie füllten sich mit Wasser, und kleine Ströme rissen Blätter, Krümel und Äste mit sich.
„Schnell, rettet die Vorräte!“, riefen die Wächterameisen.
Bill sah, wie seine Brüder und Schwestern verzweifelt hin- und herrannten.
Manche wussten nicht, wohin sie sollten.
Die Königin stand ratlos am Eingang.
Bills Herz klopfte.
Dies war der Moment.
Mit einem Ruck breitete Bill seine Flügel aus.
Der Regen trommelte gegen seinen kleinen Körper, aber er flatterte tapfer.
Immer höher stieg er, bis er den Überblick hatte.
Von oben sah er, wo das Wasser sich sammelte und wohin es floss.
Er entdeckte einen Hügel am Waldrand, hoch genug, um trocken zu bleiben.
„Hierher!“, rief er und deutete mit seinen Fühlern.
Doch die Ameisen zögerten.
„Bill fliegt!“, rief eine ungläubig.
„Das ist doch verrückt!“
Da rauschte eine besonders starke Welle heran.
Bill flatterte dicht über sie hinweg, rief:
„Wenn ihr mir vertraut, seid ihr gleich in Sicherheit!“
Die Ameisen schauten sich an und dann rannten sie los.
Eine nach der anderen erreichten sie den Hügel.
Bill flog immer wieder zurück, holte die Kleinsten ab, die fast fortgespült wurden.
Sogar die Königin rettete er, indem er vor ihr her flatterte und den sichersten Weg zeigte.
Erschöpft, pitschnass und zitternd landete Bill schließlich neben den anderen.
Die Ameisen schauten ihn an, nicht mehr spöttisch, sondern voller Dankbarkeit.
Die Königin trat vor.
Ihre Stimme war warm und feierlich.
„Bill, deine Flügel haben uns das Leben gerettet. Wir haben sie für nutzlos gehalten, aber nun wissen wir: Sie sind ein Geschenk.“
Bill spürte, wie sich sein Herz mit Freude füllte.
Zum ersten Mal fühlte er sich nicht anders, sondern wichtig.
Ein neuer Anfang
Von diesem Tag an durfte Bill offen fliegen.
Er erkundete die Umgebung, entdeckte neue Futterplätze und warnte vor Gefahren.
Die Ameisen warteten gespannt auf seine Berichte, wenn er zurückkehrte.
Abends saß er manchmal wieder auf seinem Grashalm.
Dann breitete er die Flügel aus und glitt durch die Luft, während die Sterne über ihm funkelten.
„Du hast recht gehabt“, flüsterte er in Gedanken dem Schmetterling zu.
„Das, was mich anders macht, ist meine größte Stärke.“
Und wenn die Ameisenkinder ihn fragten:
„Bill, warum kannst du fliegen?“
dann lächelte er und antwortete:
„Weil es manchmal wichtig ist, den Überblick zu behalten und den Mut zu haben, anders zu sein.“
So wurde Bill zur ersten Ameise im Wald, die nicht nur laufen konnte, sondern auch flog.
Und sein Mut wurde zu einer Geschichte, die noch lange von Ameise zu Ameise weitergegeben wurde – als Erinnerung daran, dass Anderssein ein Geschenk sein kann.
Auf dieser Webseite findest du tolle Geschichten zum Vorlesen für kleine und große Kindern. Entweder einfach zwischendurch zum Entspannen oder abends als „Gute Nacht“-Geschichte, diese kindergerechten Geschichten passen immer.
Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
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P.S.: Du kannst Onkel Guidos Geschichten auch auf den folgenden Plattformen anhören.