

Johanna liebt ruhige Abende, gute Bücher und ihre Katze Mimi.
Doch eines Nachts bemerkt sie, dass Mimi plötzlich auf einen zweiten Namen hört.
Viel Spaß mit dieser Gute-Nacht-Geschichte.
...
Johanna saß in ihrem Lieblingssessel am Fenster.
Draußen glitzerte der Abendhimmel, und die ersten Sterne blinkten vorsichtig.
Auf ihrem Schoß lag Mimi.
Oder besser gesagt: Mimi lag dort meistens.
Denn heute Abend war etwas anders.
Mimi hob plötzlich den Kopf.
Ihre Ohren zuckten.
Und dann sprang sie vom Schoß.
„Na, was ist denn mit dir los?“, fragte Johanna leise.
Mimi antwortete nicht.
Das tat sie allerdings nie.
Aber diesmal lief sie nicht wie sonst zur Küche oder zum Sofa.
Sie setzte sich mitten ins Zimmer.
Ganz still.
Und schaute Johanna an.
„Mimi?“, sagte Johanna.
Die Katze rührte sich nicht.
Johanna runzelte die Stirn.
„Na gut“, murmelte sie. „Vielleicht bist du heute komisch.“
Sie wollte gerade wieder weiterlesen, da hörte sie eine ganz leise Stimme.
„Lumi.“
Johanna erstarrte.
Sie schaute sich um.
Niemand da.
„Hallo?“, flüsterte sie.
Mimi hob langsam die Pfote.
„Hast du gerade…“, begann Johanna, brach aber ab.
Die Katze sah sie mit großen Augen an.
Und dann – ganz eindeutig – nickte sie.
Johanna legte das Buch zur Seite.
„Moment mal“, sagte sie ruhig. „Du heißt Mimi.“
Mimi schüttelte den Kopf.
Dann miaute sie zweimal.
Ein Miauen klang vertraut.
Das andere… irgendwie fremd.
„Du hast zwei Namen“, flüsterte Johanna.
Mimi sprang auf das Fensterbrett.
Der Mond schien hell.
Und plötzlich wurde das Zimmer ein kleines bisschen durchsichtig.
Die Wände flimmerten.
Der Teppich glitzerte.
„Oh nein“, seufzte Johanna. „Nicht schon wieder.“
Mimi sprang durch das Fenster.
Einfach hindurch.
Ohne es zu öffnen.
Johanna zögerte.
Dann stand sie auf.
„Na schön“, murmelte sie. „Aber nur kurz.“
Draußen war es nicht der Garten.
Es war derselbe Ort – und doch ein anderer.
Die Bäume leuchteten sanft.
Die Luft fühlte sich warm an, obwohl es Nacht war.
Und Mimi saß vor ihr.
Oder besser gesagt: Lumi.
Denn jetzt trug sie ein kleines silbernes Halsband, das vorher nicht da gewesen war.
„Du kannst sprechen“, stellte Johanna fest.
„Manchmal“, antwortete die Katze.
Johanna atmete tief durch.
„Du hast zwei Namen“, sagte sie.
„Ja“, miaute Lumi. „Einen für deine Welt. Und einen für diese.“
Johanna verschränkte die Arme.
„Und warum erzählst du mir das erst jetzt?“
Lumi senkte den Kopf.
„Weil du bereit bist.“
Johanna seufzte.
„Das sagen immer alle.“
Die Katze lächelte.
Ja. Sie lächelte wirklich.
„In dieser Welt“, erklärte Lumi, „bewachen Katzen die Übergänge zwischen den Gedanken. Zwischen Mut und Angst. Zwischen Bleiben und Weitergehen.“
Johanna sah sich um.
Überall schwebten kleine Lichter.
„Und was hat das mit mir zu tun?“
Lumi sah sie lange an.
„Du stehst gerade an so einem Übergang.“
Johanna schwieg.
Sie dachte an die letzten Tage.
An das Gefühl, dass alles ruhig war – aber vielleicht zu ruhig.
„Du musst nichts tun“, sagte Lumi sanft. „Nur zuhören.“
Da hörte Johanna es.
Ein leises Flüstern.
Ihre eigenen Gedanken.
Zweifel.
Wünsche.
Mut, der sich versteckte.
Johanna setzte sich ins Gras.
Lumi legte sich neben sie.
„Manchmal“, sagte die Katze, „brauchen Menschen jemanden mit zwei Namen. Einen, der sie erinnert.“
„Woran?“, fragte Johanna leise.
„Dass sie mehr sind, als sie glauben.“
Das Licht wurde heller.
Dann dunkler.
Und plötzlich saß Johanna wieder in ihrem Sessel.
Mimi lag schnurrend auf ihrem Schoß.
Ganz normal.
Johanna strich ihr über den Kopf.
„Lumi“, flüsterte sie.
Mimi öffnete kurz ein Auge.
Und zwinkerte.
Und so wusste Johanna, dass manche Begleiter mehr sehen, als wir ahnen.
Manche haben zwei Namen.
Und manche Geschichten beginnen leise – genau dann, wenn man einschlafen möchte.

Auf dieser Webseite findest du tolle Geschichten zum Vorlesen für kleine und große Kindern. Entweder einfach zwischendurch zum Entspannen oder abends als „Gute Nacht“-Geschichte, diese kindergerechten Geschichten passen immer.
Wir wünschen dir ganz viel Spaß beim Lesen oder Anhören.
…
P.S.: Du kannst Onkel Guidos Geschichten auch auf den folgenden Plattformen anhören.